• Bitkom zieht Zwischenfazit zur Digitalpolitik der Bundesregierung
  • Bundesregierung bleibt bislang viele Ziele des Koalitionsvertrags schuldig
  • Präsident Berg: „Aufbruch in digitale Zukunft erfordert Mut, Engagement und Investitionen“

Berlin, 19. Juli 2019 - Im Vorfeld der heutigen Sommer-Pressekonferenz der Bundeskanzlerin zieht Bitkom-Präsident Achim Berg eine Halbzeitbilanz der Digitalpolitik der Bundesregierung:

„In der ersten Hälfte der Legislaturperiode wurde die Bundesregierung getrieben von der Diskussion um Migration und Klimaschutz. In der jetzt kommenden zweiten Hälfte muss sie selbst zur Treiberin werden. Zur Treiberin der Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung, von Schulen und Hochschulen, von Gesundheitswesen, Mobilität und Energieversorgung. Die Digitalisierung ist die größte Herausforderung unserer Zeit – und gleichzeitig eine riesige Chance. Diese digitalen Chancen werden bislang zu selten genutzt. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag ambitionierte Ziele in der Digitalpolitik gesetzt. Davon wurden in der ersten Hälfte der Legislatur nur wenige realisiert. Die erste Hälfte stand ganz im Zeichen der primär konzeptuell-theoretischen Arbeit zahlreicher neuer Digitalkommissionen. Diese intensive Arbeit muss jetzt Früchte tragen. Die Ampeln müssen zu Beginn der zweiten Hälfte der Legislatur auf Grün gestellt werden. In der Digitalpolitik heißt es jetzt: Machen, und das schnell.

Positiv stechen bislang Fortschritte im Gesundheitswesen heraus, wo einige medizinische Leistungen künftig auch online erbracht werden können. Auch der Digitalpakt Schule konnte nach langem Ringen mit den Ländern endlich auf den Weg gebracht werden, Frequenzen für 5G-Netze wurden versteigert, für die Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz wurde eine nationale Strategie verabschiedet und die Einwanderung von Fachkräften wird leichter – einerseits. Andererseits ist von diesen Vorhaben in der Praxis noch wenig zu spüren. Die Schulen warten weiterhin auf das Geld aus dem fünf Milliarden Euro schweren Digitalpakt und von den 100 angekündigten KI-Lehrstühlen wurden bislang erst wenige besetzt. Die langwierige Frequenzversteigerung für die neuen 5G-Netze drohte zwischenzeitlich aus dem Ruder zu laufen und hat dem Markt Milliarden entzogen, die nun für zwingend notwendige Investitionen in den Netzausbau fehlen. Und im Urheberrecht hat die Bundesregierung nach dem verunglückten NetzDG erneut eine Rolle rückwärts gemacht und entgegen der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag die Einführung von Upload-Filtern auf EU-Ebene unterstützt.

Vielen Menschen liegt der Klima- und Umweltschutz besonders am Herzen. Digitale Technologien können einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen Klimawandel und Umweltverschmutzung leisten. Unser Straßennetz muss digitalisiert werden, um den Verkehrsfluss zu verbessern, CO2-Emissionen zu verringern und etwa unnötigen Parkplatzsuchverkehr zu vermeiden. Unsere Stromnetze müssen zu Smart Grids umgebaut werden, um den Energieverbrauch zu senken und Netzlasten besser zu steuern. Lieferketten können durch die Blockchain-Technologie nachhaltiger gestaltet werden, etwa durch einen geschlossenen Recycling-Kreislauf. Und in der Landwirtschaft kann durch Precision Farming effizienter gedüngt und die Nitratbelastung reduziert werden. Technologien wie Künstliche Intelligenz, Blockchain und das Internet der Dinge schlagen die Brücke zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit.

Die Bundesregierung sollte in der zweiten Hälfte der Legislatur den Aufbau von Netzen für 5G, die Energie- und die Verkehrswende viel konsequenter vorantreiben. So ließe sich der Netzaufbau durch eine Verschlankung der Genehmigungsverfahren stark beschleunigen. Und es muss darum gehen, Hürden für den Technologieeinsatz abzubauen – in der öffentlichen Verwaltung ebenso wie in den Unternehmen. Den Schlüssel dazu bietet ein in sich konsistentes und ausbalanciertes Datenrecht als Grundlage der Plattformökonomie.

Der Aufbruch in die digitale Zukunft erfordert Mut, Engagement und Investitionen. Mut, Engagement und Investitionen – das ist es, was wir von der Bundesregierung nun erwarten.“

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag