• Mehr Umsatz und mehr Beschäftigung
  • Weltmarkt auch 2018 auf Wachstumskurs
  • Deutsche Automobilindustrie geht mit Elektromobilität und Digitalisierung in die Offensive
  • Technologieoffenheit gefordert

Statement von Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), anlässlich der VDA-Jahrespressekonferenz am Mittwoch, 06.12.2017, Berlin

Ich möchte mich heute im Wesentlichen zu drei Themen äußern:

Die Entwicklung der Automobilmärkte
Die Offensivstrategie der deutschen Automobilindustrie
Und das politische Umfeld
Teil I – Märkte

Der Pkw-Weltmarkt wächst auch in diesem Jahr, um 2 Prozent auf 84,6 Mio. Neuwagen.

China, der größte Automobilmarkt der Welt, legt erneut zu. Wir rechnen mit einem Plus von 2 Prozent auf 24,1 Mio. Neuwagen.

Der US-amerikanische Light-Vehicle-Markt geht, erstmals nach sieben Jahren Wachstum, leicht zurück – um 2 Prozent auf 17,2 Mio. Einheiten, liegt damit aber weiterhin auf hohem Niveau.

Europa (EU+EFTA) setzt 2017 seinen Wachstumskurs fort. Wir erwarten ein Plus von 3 Prozent (15,6 Mio. Pkw).

Von den TOP-5 in Europa (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien) weist lediglich das Vereinigte Königreich einen Rückgang auf. Hier zeigen sich erste Auswirkungen der Brexit-Entscheidung.

Auch die kleineren Märkte in Europa sind in guter Verfassung. Besonders kräftig ist das Wachstum in den neuen EU-Ländern (+10 Prozent).

Inlandsmarkt wächst – Mehr Umsatz und mehr Beschäftigung

Der deutsche Pkw-Markt wird in diesem Jahr das vierte Mal in Folge deutlich zulegen. Die Gründe hierfür sind eine erfreuliche gesamtwirtschaftliche Entwicklung, ein hoher Beschäftigungsstand, eine gute Einkommenssituation der Konsumenten und ein weiterhin niedriges Zinsniveau.

Wir erwarten einen Zuwachs von mindestens 3 Prozent auf gut 3,4 Mio. Pkw. Wenn der Dezember gut läuft, könnten es auch knapp 3,5 Mio. Neuwagen werden. Wir haben es derzeit mit zwei gegenläufigen Entwicklungen zu tun: Einerseits treibt die Umstiegsprämie den Markt, andererseits gibt es eine spürbare Verunsicherung wegen der Fahrverbotsdebatte.

Auf jeden Fall ist es das höchste Niveau des Jahrzehnts.

Deutsche Hersteller und Zulieferer beschäftigen hierzulande 818.000 Mitarbeiter (Jan-Sep. 2017), das ist der höchste Stand seit 26 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr wurden über 11.000 neue Stellen geschaffen.

Der Gesamtumsatz der deutschen Automobilindustrie erhöhte sich in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres um 4 Prozent auf 312 Mrd. Euro.

Weltweit wird die deutsche Automobilindustrie in 2017 rund 16,4 Mio. Pkw produzieren. Das ist ein Plus von 4 Prozent.

Während die Auslandsproduktion um 7 Prozent auf 10,8 Mio. Einheiten steigt, geht die Inlandsproduktion leicht zurück (-2 Prozent) auf 5,6 Mio. Pkw.

Die Langfristbetrachtung zeigt diese Entwicklung noch deutlicher: 2007 war die Inlandsproduktion (5,7 Mio.) ähnlich hoch wie heute, während die Auslandsproduktion gerade einmal die 5-Millionen-Marke überschritt. Das heißt: In den letzten zehn Jahren haben unsere Mitgliedsunternehmen ihre Auslandsproduktion mehr als verdoppelt – und damit die Grundlage geschaffen, um am Standort Deutschland weiterhin einen hohen Beschäftigungsstand zu sichern.

Zum Vergleich: In Frankreich wurden vor zehn Jahren knapp 2,6 Mio. Autos gefertigt, heute sind es voraussichtlich 1,8 Mio. Einheiten, ein Rückgang um gut 30 Prozent. In Italien schrumpfte die Produktion um 17 Prozent (von 911.000 auf 756.000 Einheiten), im Vergleich zu vor 20 Jahren hat sich das Pkw-Fertigungsvolumen in Italien sogar mehr als halbiert.

Das zeigt: Eine erfolgreiche Industrie und der damit verbundene Wohlstand sind nicht in Stein gemeißelt. Innovationsstärke der Industrie und richtige Weichenstellungen der Politik sind die Grundlage.

Gut drei von vier Autos, die unsere Hersteller am Standort Deutschland produzieren, gehen in den Export. Wir erwarten für das Gesamtjahr 2017 einen leichten Rückgang auf 4,3 Mio. exportierte Einheiten (-2 Prozent). Gründe hierfür sind Modellwechsel mit Lokalisierungen im Ausland, aber auch der Brexit mit seiner wechselkursbedingt geringeren Nachfrage in Großbritannien.

Fazit: Das Autojahr 2017 war für unsere Industrie ordentlich. Wir haben weltweit mehr Autos produziert als je zuvor. Unser Weltmarktanteil beträgt knapp ein Fünftel, in Europa zählt jede zweite Neuzulassung zu einer deutschen Konzernmarke. Und am Weltpremiummarkt haben wir einen Marktanteil von mehr als 70 Prozent.

Pkw-Weltmarkt auch 2018 auf Wachstumskurs

Was erwarten wir für das kommende Jahr? Wir gehen davon aus, dass der Weltmarkt um 1 Prozent auf 85,7 Mio. Einheiten zulegen wird.

Der gesamteuropäische Pkw-Markt wird sein Niveau mit 15,6 Mio. Einheiten halten. Westeuropa hingegen wird durch einen Rückgang in Großbritannien
(-5 Prozent) gebremst, so dass ein leichtes Minus (-1 Prozent) auf gut 14,2 Mio. Pkw zu erwarten ist.

Nach dem starken Verkaufsjahr 2017 wird der deutsche Markt leicht zurückgehen, auf ein Volumen von rund 3,4 Mio. Neuzulassungen (-2 Prozent). Allerdings bewegt sich der Markt auch dann deutlich über dem langjährigen Mittelwert.

Dem US-Markt mangelt es 2018 weiter an Dynamik, wir rechnen mit einem Absatz von gut 16,8 Mio. Light Vehicles (-2 Prozent); nach wie vor ist das ein ordentliches Niveau.

China hingegen bleibt auf Wachstumskurs mit einem Plus von 2 Prozent auf gut 24,6 Mio. Pkw.

Russland und Brasilien erholen sich weiter. Der indische Markt dürfte 2018 um 10 Prozent auf 3,6 Mio. Pkw steigen und damit erstmals größer werden als der deutsche Pkw-Markt.

Vor diesem Hintergrund erwarten wir für 2018 eine Steigerung unserer Pkw-Weltproduktion um 2 Prozent auf 16,7 Mio. Einheiten. Die Inlandsproduktion bleibt stabil mit 5,6 Mio. Pkw, dies gilt auch für den Export mit unverändert 4,3 Mio. Fahrzeugen. Die Auslandsproduktion legt um 3 Prozent auf 11,1 Mio. Einheiten zu.

Westeuropäischer Nutzfahrzeugmarkt auf hohem Niveau

Ein kurzer Blick auf die internationalen Nutzfahrzeugmärkte (über 6 t):

Der westeuropäische Nutzfahrzeugmarkt bewegt sich auch 2017 auf Vorjahresniveau (288.000 Einheiten) − und weist damit das höchste Volumen seit 2008 auf. Während sich Italien und Frankreich dynamisch entwickeln, liegen Spanien und Deutschland (87.000 Einheiten) in etwa auf Vorjahresniveau. Großbritannien hingegen muss mit einem spürbaren Rückgang rechnen. Für 2018 erwarten wir in Westeuropa ein leichtes Wachstum (+1 Prozent auf 292.000 Einheiten).

Der US-Markt, der im Vorjahr rückläufig war, stabilisiert sich 2017 wieder, für das kommende Jahr rechnen wir mit einem Wachstum von 6 Prozent.

Ein stürmisches Wachstum sehen wir 2017 in China mit mindestens plus 30 Prozent auf knapp 1,3 Mio. Einheiten. Allerdings lässt sich dies nicht in 2018 fortschreiben.

Der Transportermarkt (bis 6 t) in Deutschland hatte 2016 mit 264.000 Einheiten einen Höchststand erreicht. Dieses Niveau dürfte in diesem Jahr noch einmal um 4 Prozent übertroffen werden, für 2018 rechnen wir mit einer Seitwärtsbewegung.

Teil II − Offensivstrategie der deutschen Automobilindustrie

Wir investieren massiv in die Mobilität von morgen – auf vielen Feldern. Insgesamt belaufen sich die jährlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung dieser Industrie auf rund 39 Mrd. Euro, ein Großteil davon fließt in alternativer Antriebe. Gleichzeitig steigt die Belegschaft in den FuE-Abteilungen wesentlich schneller als die Gesamtbeschäftigung: In den letzten fünf Jahren entstand gut jede vierte neue Stelle in der deutschen Automobilindustrie im Bereich Forschung und Entwicklung, das sind über 25.000 zusätzliche hoch qualifizierte Arbeitsplätze.

Elektromobilität mit viel Dynamik

In den kommenden zwei bis drei Jahren verdreifacht sich das Angebot unserer Hersteller auf über 100 E-Modelle. Die jüngsten Ankündigungen auf der IAA haben den Fahrplan für die Jahre danach beschrieben: In den nächsten fünf bis acht Jahren werden die deutschen Hersteller mehr als 150 neue Modelle mit Elektroantrieb auf die Straße bringen. Noch vor Ende dieses Jahrzehnts wird der Elektroantrieb (PHEV, BEV) in allen Segmenten vertreten sein, von der Kompaktklasse bis zum SUV. Wir erleben dann Reichweiten von mehr als 500 Kilometern mit einer Batterieladung.

Bis 2020 investiert die deutsche Automobilindustrie über 40 Mrd. Euro in alternative Antriebe.

Rund ein Drittel aller weltweiten Patente im Bereich der Elektromobilität (34 Prozent) und des Hybridantriebs (32 Prozent) kommt aus Deutschland. Wir wissen: Nur wer bei Forschung und Entwicklung ganz vorn ist, bleibt auch beim Elektroauto an der Spitze.

Wir haben unsere Marktanteile bei der Elektromobilität deutlich gesteigert. In Europa (EU28+EFTA) sind es 53 Prozent, in Deutschland 64 Prozent, auf dem Leitmarkt Norwegen 58 Prozent.

Im bisherigen Jahresverlauf (Jan-Nov.) haben sich die Elektroneuzulassungen in Deutschland auf rund 48.300 Einheiten mehr als verdoppelt (+116 Prozent). Rein batterie-elektrische Modelle sind ebenso gefragt wie Plug-In-Hybride, bei beiden wuchs die Nachfrage um mehr als 100 Prozent. Der Elektroanteil an allen Pkw-Neuzulassungen übertraf im November mit 2,1 Prozent erstmals die 2-Prozent-Marke. Im bisherigen Jahresverlauf hat sich der Marktanteil mehr als verdoppelt (von 0,7 Prozent auf 1,5 Prozent). Die Anträge auf den Umweltbonus steigen stetig, unter den TOP-5 sind vier Modelle deutscher Hersteller.

Auch bei der Ladeinfrastruktur geht es voran. Derzeit gibt es in Deutschland 10.700 öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon sind 530 Schnellladepunkte. Im nächsten Jahr wird sich die Zahl der Normalladepunkte über das Förderprogramm der Bundesregierung auf gut 30.000 verdreifachen, die Zahl der Schnellladepunkte wird sich sogar verfünffachen. Hinzu kommt das ultraschnelle Hochleistungsladenetz mit 400 Standorten an Autobahnen in Europa, das BMW, Daimler und Volkswagen mit Audi und Porsche zusammen mit der Ford Motor Company im Rahmen eines Joint Ventures auf den Weg bringen.

Luftqualität in Städten verbessern – Fahrverbote vermeiden

Seit Monaten wird, teilweise sehr emotional, eine öffentliche Debatte über den Verbrennungsmotor geführt, im Mittelpunkt steht dabei der Diesel. Es ist dringend an der Zeit, die öffentliche Diskussion weiter zu versachlichen. Entscheidend ist, dass Fahrverbote vermieden werden und die Autofahrer rasch Klarheit erhalten.

Industrie, Bund, Länder und Kommunen arbeiten intensiv daran, gemeinsam die Luftqualität in Städten weiter zu verbessern.

Doch es gibt keinen Grund für Hysterie: Die Luft in unseren Städten ist heute besser denn je, die verkehrsbedingten Stickoxidemissionen sind im Zeitraum 1990 bis 2015 laut Umweltbundesamt um 70 Prozent zurückgegangen – trotz gestiegener Verkehrsleistung.

Es geht also nicht um ein flächendeckendes Problem, sondern um Hotspots in mehreren Städten. Schon wenige Meter neben den Messstationen sind die NOx-Werte oft bis um die Hälfte niedriger, wie die unabhängigen Forscher des KIT-Instituts kürzlich etwa in Stuttgart ermittelt haben.

Und es muss auch die Frage gestellt werden, ob die Festlegung der Grenzwerte immer sachgerecht erfolgte: Warum gelten etwa am Stuttgarter Neckartor 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft, im benachbarten Büro 60 Mikrogramm, und in der etwas weiter entfernt liegenden Fabrik 950 Mikrogramm?

Ich will die Probleme damit nicht kleinreden, aber einordnen.

Wir wissen, unter welchem Handlungsdruck die Städte beim Thema Luftreinhaltung stehen und leisten erhebliche Beiträge zur Verbesserung der Situation. Wir stehen zu unseren Zusagen, die wir auf dem ersten Dieselgipfel im August gegeben haben und setzen die Maßnahmen konsequent um.

Mit den für die Kunden kostenlosen Software-Updates von über 5 Mio. Diesel-Pkw, den Umstiegsprämien und der Erneuerung des Bestands können die NOx-Emissionen im Straßenverkehr bis Anfang 2019 um etwa 12 bis 14 Prozent gesenkt werden.

Außerdem beteiligen sich BMW, Daimler und der Volkswagen-Konzern am geplanten Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ der Bundesregierung. Mit diesen Mitteln sollten alternative Antriebe und Mobilitätsangebote gefördert sowie die Erneuerung älterer Bus- und Taxi-Flotten durch Fahrzeuge der neuesten Schadstoffnorm beschleunigt werden. Denn moderne Euro-VI-Busse stoßen auf der Straße 80 Prozent weniger NOx-Emissionen aus als ihre Euro-V-Vorgänger, und sie sind zudem deutlich kraftstoffeffizienter. Eine Bestandserneuerung ist erfolgversprechender als jede Umrüstung.

Zusätzlich zu unserer Beteiligung am Fonds haben wir selbst Initiativen mit Städten gestartet. In der 2016 vom VDA ins Leben gerufenen „Plattform Urbane Mobilität“ entwickeln Unternehmen und Städte gemeinsam Projekte, um Mobilität in Ballungsräumen auch in Zukunft effizient, umweltschonend und sicher zu gestalten. Zudem sind wir gemeinsam mit unseren Herstellern und Zulieferern auf Städte zugegangen, die derzeit noch besonders kritische NOx-Werte haben.

Im Rahmen dieser „Städte-Initiative“ arbeiten wir gemeinsam an Lösungen, wie wir kurzfristig die Luftqualität in der jeweiligen Stadt verbessern können. Stichworte hierfür sind:

eine rasche Erneuerung der Flotten durch emissionsarme oder emissionsfreie Fahrzeuge,
der Ausbau von Sharing-Angeboten der Industrie,
Verbesserungen der Verkehrssteuerung durch Grüne Welle und Digitalisierung.
Auch die Unternehmen selbst gehen neue Wege: Sie weiten beispielsweise ihr Angebot von Jobtickets aus, führen mehr Home-Office ein und unterstützen Fahrgemeinschaften.

Wir sind davon überzeugt: Zusammen mit den Maßnahmen des Dieselgipfels kann so ein Gesamtpaket geschnürt werden, um flächendeckende Fahrverbote in den Städten zu verhindern.

Klimaschutz braucht breiten Antriebsmix

Die Stickoxiddebatte überlagert derzeit das längerfristig entscheidende Thema: Wie gestalten wir die Mobilität von morgen klimafreundlich?

E-Fuels leisten notwendigen Beitrag für Klimaschutz

Die deutsche Automobilindustrie arbeitet kontinuierlich daran, die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge weiter zu senken. Und zwar über alle Antriebsarten hinweg. Nur so kann eine Dekarbonisierungsstrategie für den Straßenverkehr erfolgreich sein. Im Jahr 2025 werden Elektroautos voraussichtlich einen Anteil von 15 bis 25 Prozent an den Pkw-Neuzulassungen haben. Das heißt umgekehrt: Ein Großteil der Fahrzeuge fährt weiterhin mit einem Verbrennungsmotor. Dies gilt umso mehr, wenn wir auf die internationalen Märkte schauen: In Lateinamerika, in weiten Teilen Asiens oder in Afrika wird es auch dann noch keine flächendeckende Ladeinfrastruktur geben.

Wir müssen also alle Antriebsarten nutzen, auch Wasserstoff und Erdgas.

Wer die CO2-Frage ernst nimmt, kommt an klimaneutralen Kraftstoffen, so genannten E-Fuels, nicht vorbei. Die Technologie für diese Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen ist vorhanden. Noch sind die Kosten vergleichsweise hoch, doch sie werden sinken.

Mit E-Fuels gibt es die Chance für klimaneutrale Verbrennungsmotoren. Und damit ein Instrument, um CO2-Emissionen im gesamten Fahrzeugbestand massiv zu senken, nicht nur bei Neuzulassungen. Hinzu kommt: Wir machen uns unabhängiger von fossilen Energieträgern und können in großem Umfang Grünstrom „lagern“.

Technologieneutralität statt Technikverbote

Die CO2-Bilanz eines modernen Diesel oder Benziners mit E-Fuels kann besser sein als die eines Elektroautos, das hauptsächlich mit Kohlestrom geladen wird.

Das zeigt: Der Weg in die klimaneutrale Mobilität braucht alternative und synthetische Kraftstoffe, Elektromobilität und Brennstoffzelle. Deswegen sollte die Politik Rahmenbedingungen und Ziele setzen, aber nicht den Weg dahin vorschreiben.

Quoten oder Technikverbote weisen den Weg in die wirtschaftliche, sozial- und klimapolitische Sackgasse. Wer Klimaschutz und Industriepolitik in der Balance halten will, muss dem Grundsatz der Technologieneutralität folgen.

Digitalisierung – Deutsche Automobilindustrie Patentweltmeister

Der zweite große Innovationstrend – neben der Elektromobilität – ist die Digitalisierung. Wir investieren dafür in den nächsten drei bis vier Jahren 16 bis 18 Mrd. Euro. Die deutsche Automobilindustrie ist bereits heute Patentweltmeister beim vernetzten und automatisierten Fahren: An den seit 2010 weltweit erteilten Patenten auf diesem Feld hält sie einen Anteil von 52 Prozent. Unter den Top-10 befinden sich sechs Unternehmen aus Deutschland – davon vier Hersteller und zwei Zulieferer auf den Plätzen 1 und 3.

Wir sprechen von der digitalen Transformation einer ganzen Branche durch das vernetzte und automatisierte Fahren. Die Vorteile: mehr Effizienz, mehr Komfort – vor allem aber mehr Sicherheit. Die Zahl der Unfälle wird massiv nach unten gehen.

Teil III − Politische Rahmenbedingungen verbessern

Damit komme ich zum politischen Umfeld. Ich kann mich in den letzten zwei Jahrzehnten nicht an eine solche Situation erinnern:

Einerseits weltweit viele handelspolitische Risiken, etwa protektionistische Tendenzen von Iran bis China oder die unklare Zukunft von NAFTA. Dass die USA mit ihrer Steuerreform internationales Niveau ansteuern, ist nachvollziehbar. Aber eine Gegenfinanzierung über konzerninterne Importsteuern („Excise Tax“) wäre der transatlantischen Zusammenarbeit nicht förderlich und würde zu erheblichen Doppelbesteuerungen für die betroffenen Unternehmen führen.

Hinzu kommen Herausforderungen wie die Zukunft Europas mit Blick auf Großbritannien und den Brexit.

Andererseits sehen wir insgesamt ordentlich laufende Automobilmärkte, selbst erste Hoffnungszeichen in Russland und Brasilien.

Die deutsche Automobilindustrie hat sich in diesem ungewöhnlich anspruchsvollen Umfeld 2017 gut behauptet.

Doch wer eine solide Rechnung auf die Zukunft machen will, darf sich nicht auf ein „Weiter so“ beschränken. Das gilt für unsere Unternehmen genauso wie für die Politik.

Die Unternehmen müssen den Wandel, der mit den Stichworten Digitalisierung, Vernetzung, alternative Antriebe umrissen ist, gestalten. Dafür sind enorme Investitionen und Innovationen nötig.

Politik und Öffentlichkeit sollten sich mehr als bisher darüber im Klaren sein, dass sich diese gute Gegenwart nicht von selbst in die Zukunft fortschreibt. Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung können sich nicht von allein dauerhaft stabilisieren. Sie brauchen die entsprechenden Rahmenbedingungen.

Es geht also darum, wie die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland in der neuen Legislaturperiode so weiter entwickelt wird, dass auch im kommenden Jahrzehnt Wohlstand und Beschäftigung hier in Deutschland gesichert werden.

Die derzeit gute Beschäftigungslage reicht als Handlungsmaßstab für künftige Regierungsentscheidungen nicht aus. Denn wir sehen Entwicklungen, die uns Sorgen bereiten:

Seit Beginn des Jahrzehnts steigen die Lohnstückkosten in unserer Industrie
Die Produktivität wächst nicht in gleichem Maße, da sind andere Länder besser
Die Stromkosten in Deutschland sind doppelt so hoch wie in den USA
Hinzu kommen protektionistische Ansätze in vielen Ländern, die dem Exportland Deutschland nicht gleichgültig sein können
Die Politik in Deutschland hat sich in den letzten Jahren mehr auf Verteilungsfragen konzentriert, weniger auf eine Verbesserung des Investitionsklimas
Ich bin davon überzeugt: Die Politik sollte jetzt die Chance nutzen und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen − von der Senkung der Energie- und Energienebenkosten bis zur steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes − in guten Zeiten verbessern. Ein Dach erneuert man ja auch bei gutem Wetter − und wartet nicht solange, bis es an vielen Stellen hineinregnet.

Eine kommende Bundesregierung wäre daher gut beraten, wenn sie die Weichen viel stärker auf Wachstum und Investitionen stellt, statt auf öffentlichen Konsum.

Dafür wird der VDA zusammen mit vielen anderen Industrieverbänden engagiert werben und eintreten. Auf ein solches, für Deutschland wichtiges Zukunftsleitbild sollte sich die nächste Bundesregierung verständigen.

Die Folien zur Pressekonferenz stehen hier zum Download bereit

© Verband der Automobilindustrie e.V.

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